und plötzlich war er da...

Krebs-Tagebuch, Berichte über Therapien und deren Verlauf
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maikom
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und plötzlich war er da...

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02. August 2012
Am Wochenende bemerkte ich geschwollene Lymphknoten an der linken Halshälfte, da ich wegen anderen Dingen eh zum Arzt wollte, habe ich ihm gleich davon mit berichtet. Nach Blutabnahme und Ultraschall empfahl er mir schnellstmöglich mich am selben Tag bei einem Onkologen vorzustellen. Dieser nahm noch einmal Blut und gestern stand ein CT auf dem Plan. Ergebnis erfahre ich morgen leider erst. Von harmloser Entzündung bis bösartigem Lymphdrüsenkrebs (Morbus Hodgkin) ist momentan alles möglich. Das Warten auf morgen und die Angst nagt an mir..*Daumen drücken*

21. August 2012
4 Tage ist es jetzt her – Eine Diagnose die dein Leben verändert, eine Diagnose die dich zum Verzweifeln bringt – Krebs.
Aufbruch oder Endstation? Mein Körper ist gezeichnet von Unsicherheit und Angst, was ist jetzt richtig und was ist falsch. Jetzt beginnt ein wilder Diagnosematathon…

01. September 2012
Der Diagnosemarathon ist abgeschlossen – Röntgen, Herzultraschall, Lungentest, PET-CT und Knochenmarktpunktion liegen hinter mir. Die Befunde sind noch nicht komplett da, also warten…In der Zwischenzeit wurde auch der Port gelegt und eingesetzt.
Knochenmarkpunktion ist eine recht unangenehme Sache. Dort wird dir unter örtlicher Betäubung eine dicke Nadel hinten ins Becken gestochen und dann schön am Knochen etwas abgeschabt…naja..kam mir vor wie bei den Neandertalern….ich meine hey, wir schicken Fahrzeuge zum Mars, aber Knochenmark wird so martialisch entnommen. Naja…man hält es aus und es zwickt noch einen Tag lang, aber es ist doch recht unangenehm.
Apropro unangenehm ist auch die Port-OP, dort wird man zwar auch örtlich betäubt, aber man merkt schon deutlich wie dort jemand mit seinen Fingern in dir rumwurschtelt, besonders das Suche nach der Zielvene, ist mehr ein graben und zur Seite schieben und das “aushölen” der Tasche ist auch etwas unangenehm. Naja, beim Vernähen der Wunde ließ dann schon etwas die Betäubung nach, aber ich hielt es durch….nach 2 Tage konnte man dann auch wieder den Arm frei bewegen, das war nach der OP nur noch eingeschränkt möglich, aber das ist wohl normal.

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06. September 2012
Information von heute aus dem Krankenhaus: Knochenmark ist nicht befallen und sauber, nach vielen Tiefschlägen mal wieder ein gute Nachricht. Nächste Woche geht’s dann los mit der Chemo-Keule, bis dahin soll ich mich noch etwas schonen und Kräfte mobilisieren, um dann fit die Chemo anzugehen.

07. September 2012
Es ist ja nun definitiv und sicher – Morbus Hodgkin – Krebs. Vielen geht es besser wenn der Geist der dich schwächt, bekannt ist. Mir leider nicht…
Die Zeit wo ich allein bin, ist schlimm. Alle Arbeiten oder in der Schule – ich allein zu Hause, der Kopf brummt von den vielen Fragen die dort rumgeistern. Warum ich ? Hab ich genug Kraft das durchzustehen? Wie viele Jahre bekomme ich durch die Therapie? Welche Schäden richtet die Bestrahlung an?
Fragen, so viele, aber keine passenden Antworten…

11. September 2012
Morgen geht es wieder ins Krankenhaus, am Telefon halten sich die Ärzte etwas bedeckt, für wie lange. Es kommt vermutlich darauf an, wie mein Körper die Chemiebombe verträgt. Irgendwie hat das ganze morgen wieder etwas von “ab ins Gefängnis..!”. Der letze Tag in Freiheit und ständig die Gedanken, was heute noch tun, was du morgen nicht mehr kannst. Was heute noch essen, was du morgen nicht mehr hast.
Versuche mich etwas geistig abzulenken, aber die Gedanken sind schon beim morgigen Tag und den fehlenden Informationen und Plänen.

13. September 2012
Gestern ging es ins Krankenhaus, Eingangsuntersuchung und Blutabnehmen – mittlerweile ein Kinderspiel. Mehr Informationen kamen da leider nicht, außer das der Arzt von einer milden Therapie und einem frühen Stadium sprach. Etwas mehr Informationen wären für die Verunsicherung schön gewesen.
Heute soll es dann losgehen, die Chemokeule wird geschwungen, mir geht so richtig die Muffe und nach dem langen Vorgeplänkel der letzten Wochen ist man nun wohl angekommen. Bin jetzt auf einem Einzelzimmer, auf der einen Seite schön, auf der anderen Seite klaustropohobisch einsam. Die Haare hatte ich mir gestern früh noch abrasiert, da ich die psychologische Depression vom Haarausfall auch nicht noch belastend dazu haben wollte.

Behandelt wird nach Studie HD16 der GHSG, das heißt im Stadium IIa gibt es 2 Zyklen ABVD also insgesamt 4x Chemo im Abstand von 15 Tagen. Das ist somit die kleinste Chemotherapie die aktuell möglich ist.

14. September 2012
Am Freitag um 13.00 Uhr war es dann soweit, der Moment vor dem ich die letzten Tage den meisten Schiss hatte. Die erste Dosis Chemo stand an.
Wie werde ich das vertragen, wie wird mein Körper reagieren? In der Aufregung als die Schwester mit den Infusionsständer kam, musste ich erst einmal noch mal auf Toilette. War mir ja nicht sicher, ob ich danach noch aus dem Bett raus komme und ich wollte nicht auf so ein Bettschieber machen.
Zur erst gab es eine prophylaktische Infusion mit einigen Schutzstoffen für die Nieren und die Übelkeit, die Flasche wurde an den Port angeschlossen und ich merkte davon gar nichts. Die Flasche lief in 15 Minuten leer. Danach gab es das rote Adriamycin, das war auch nicht viel und lief auch sehr zügig durch. Das Bleomycin und das Vinblastin gab es als Spritze und war in 2 Minuten drin, was man gar nicht spürte. Am längsten lief das lichtempfindliche Dacarbazin, was gute 2 Stunden dann lief.
Von der ganzen Infusion merkte ich gar nichts und konnte in der ganzen Zeit mit meinem Bettnachbarn und meinem Besuch schon wieder rumscherzen.
Der einzige Nachteil, so schnell wie das Zeug reinläuft, will es auch wieder raus. Ich stelle gestern meinen persönlichen Pipi-Rekord mit 12 mal auf, weil der Onkologe sagte, man soll ca. 2 – 3 Liter nachtrinken, das der Körper gut durchgespült wird und sich nichts in den Nieren festsetzt.
Mittag und Abendbrot blieb drin und ich musste mich nicht übergeben.
Einziger Nachteil der Infusion, das Zeug macht müde und beim Abendbrot konnte ich die Augen nur noch mit Mühe und Zwang offen halten um dann gegen 19.00 Uhr einzuschlafen.
Das ich aber mit den Krankenhaus-Betten auf Kriegsfüßen stehe, war ich dann aber 24.00 Uhr wieder wach und konnte dann nicht weiterschlafen.
Alles im anderen habe ich mir alles viel schlimmer ausgemalt, vielleicht liegt es auch daran, das ich zum Anfang des Jahres Burn-Out hatte und dort gelernt hatte, wie viel ein Körper ertragen und aushalten kann. Stand heute war, das es mir an einigen tiefen Burn-Out-Tagen schlimmer ging.

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15. September 2012
Die schönste Nachricht des Tages um 10.00 Uhr: Da ich bis auf Müdigkeit und Kopfschmerzen keine Probleme hatte und das Blutbild auch okay war, durfte ich heute nach Hause. Taxi gerufen und ab in die Heimat.
2 Wochen Ruhe von allem. Der nächste Chemotermin ist erst am 28.09.2012 und dann habe ich auch schon 50% geschluckt und Halbzeit.
Weil ich diese Infusion so problemlos vertragen habe, bekomme ich den Rest jetzt ambulant. Das heißt früh rein und abends wieder nach Hause.
Wichtig ist jetzt nur kein Fieber, keine Infektion zu bekommen und 2 mal die Woche zur Blutprobe zum Hausarzt. Aber Blut habe ich die letzten Wochen gefühlt 100 mal abgegeben, das macht mir nichts mehr aus. Wenn die Blutwerte absacken, hat der Hausarzt Handlungsfreiheit und kann mit Medikamenten gegenwirken.
Nur wenn er es damit nicht in Griff kriegt, gibt es Bluttransfusionen oder wenn unerklärliches Fieber kommt oder ich mir eine Infektion einfange, dann darf ich wieder ab in die Klinik.
Da ich dieses Jahr aber schon genug gebeutelt bin, möge dieser Kelch an mir vorbeigehen und einfach mal 2 Wochen nicht an Krebs und Krankenhaus denken.

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17. September 2012
Tag 3 nach der ersten Chemo…die letzten Tage und auch heute fühlte ich mehr sehr müde und abgeschlagen. Ich schlafe über den Tag verteilt bestimmt 12 bis 14 Stunden. Heute früh musste ich mich kurz zum Blutwerte prüfen zum Hausarzt aufraffen und war ‘ne halbe Stunde spazieren. Mehr geht gerade nicht. Ich hoffe das sind nur die ersten Tage direkt nach dem Chemo und im Laufe der Woche stellt sich wieder Normalität ein.
Hatte ich den ersten Tag nach der Chemo noch eine richtige Fressattacke, muss ich mich mittlerweile zum Essen zwingen, da ich mich etwas appetitlos fühle, aber beim liegen und zum schlafen braucht man ja nicht viel Energie.

18. September 2012
Seit einigen Wochen schon dieses von ganz tief unten wieder hoch kämpfen….auf die Dauer zermürbt es und man fragt sich, aus wie vielen Tiefs man immer wieder aufstehen kann, um sich wieder seinem Normalpegel nur halbwegs anzunähern, dieses schmerzfreie wie ein normaler Mensch leben.
Es ist wie auf dem Bild zu sehen…man läuft einen steilen Berg hoch und hofft jedes mal, das die Kraft reicht, die Spitze zu erklimmen.
Die positiven Aspekte…heute eine Stunde an der Luft gewesen, Essen geht wieder etwas besser und Blutwerte von gestern waren alle noch okay. Ansonsten alles wie gehabt, Kopfweh, müde und schlapp!

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maikom
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20. September 2012
Heute ging es wieder etwas aufwärts, phasenweise etwas wackelig und zugedönst, aber im Vergleich zu den Vortagen etwas besser. Das Burnout meldete sich phasenweise auch mal wieder: “Ähem hallo bin auch noch da”, die bekannten psychosomatischen Schmerzen zeigten sich auch mal wieder.
Ansonsten brachte der Tag viel Abwechslung: Blutkontrolle (Werte gibts morgen), ewig und zwei Stunden bei der AOK wegen Genehmigung von Transportscheinen und Zahlung von Krankengeld und mal wieder auf Arbeit vorbeigeschaut.
Tendenz aufwärts gefällt mir…

22. September 2012
Wer heutzutage an einer Krankheit leidet ist in Deutschland gut versorgt – sagt man. Aber leider sind trotz gesetzlicher Krankenversicherung nicht alle Dinge kostenlos und so wird eine längere Krankheit auch schnell zu einer Kostenfalle. Ich bin jetzt von der Diagnose Anfang August bis heute 5 Wochen in Behandlung, die Zuzahlungen sind aber schon mittlerweile beachtlich:
- 110 Euro Krankenhaus-Zuzahlung (10 Euro pro Tag)
- 10 Euro Praxisgebühr beim Hausarzt
- 10 Euro Praxisgebühr beim Zahnarzt
- 5 Euro Zuzahlung für einen Krankentransport nach Hause
- 68,20 Euro Zuzahlung an Medikamenten
- 12,00 Euro Gebühr für das Ausfüllen von 2 Formularen für die Versicherung vom Hausarzt
Macht bereits eine stolze Summe von 215,20 Euro. Sicher werden jetzt einige sagen, das ist nichts im Vergleich zu dem was die Behandlung der Kasse kostet. Aber 200 Euro die in unserer Haushaltskasse schmerzend fehlen.
Noch konnten wir Sie aufbringen, was aber mit Leuten die diese nicht zahlen können – Gesundheit und Kommerz passt nicht zusammen. Die Hilfe am Menschen sollte im Vordergrund stehen, nicht das Geld.

25. September 2012
2 Tage halbtags gearbeitet, aber man merkt das der Körper aus dem Rhythmus ist. Nun hat meine Frau auch Frühschicht – das heisst um 5 aufstehen, das nagt ganz schön an der Energie…Hab aber teilweise noch Angst mit dem Telefon, mittlerweile hat sich bei vielen rumgesprochen was man hat. Der Zuspruch tut zwar einerseits gut, macht dir aber wieder im Bewusstsein klar, das du krank bist – ein Krebspatient. Was muss die Welt als normaler Mensch schön sein…

27. September 2012
Das was nicht passieren sollte, ist nun leider passiert…habe Fieber bekommen, so langsam steigt es vor sich hin und der Pegel hat sich gerade 37,4 genähert. Nun sieht es schlecht aus mit der 2. Chemo morgen, es sei denn es geschieht noch eine Wunderheilung und das Fieber verschwindet heute Nacht noch. Momentan alles was an Hausmitteln da ist, rausgeholt und reinverschlungen…vielleicht hilfst ja.

28. September 2012
Kurz vor Halbzeit, die zweite Infusion läuft. Die Leukozyten haben sich von Mittwoch von 2,7 auf 3,6 hochgerettet und so konnte heute der zweite Giftmix verabreicht werden, da man dafür mindestens Leukos von 3 braucht. 3 von 4 Beuteln sind durch, der letzte Beutel läuft. Wenn der durch ist, ist Halbzeit und die Hälfte der Chemo ist dann fertig. Dank Port läuft das ganze wie Butter und ich musste mich nicht in die “brauche noch Venenzugang”-Reihe anstellen.

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Ein IPhone-Akku hält nicht mal eine Chemo-Sitzung, nach 3 Stunden Internet lesen von 100% auf 30% runter, den Rest brauch ich noch um das Abhol-Taxi anzurufen.

02. Oktober 2012
Was gab es die letzten Tage zu lernen? Eine Chemo zu bekommen auf einen gesunden Körper, ist leichter zu vertragen, als eine Chemo zu bekommen, wenn der Körper durch die erste Chemositzung schon geschlaucht ist.
Die zweite Chemo hat mich doch stärker runtergezogen und mitgenommen, als es vor zwei Wochen nach der ersten Chemo-Sitzung war. Die Haare beginnen nun auch langsam zu rieseln, aber das war ja zu erwarten, da die Erfahrungsberichte von Tag 14 bis Tag 20 bei einer ABVD Chemo ausgehen, man muss ja auch nichts auslassen.
Die Schleimhäute im Mund und Hals sind stark mitgenommen und alles schmeckt gleich – nämlich geschmacklos und bitter, aber auch das war zu erwarten.
Positiv ist, das die Blutwerte von gestern alle wieder im Normbereich waren und auch die Leukozyten standhaft bei 4,07 ausharren.
Ansonsten ist mir den ganzen Tag abwechselnd müde, schwindelig oder kalt und der Magen tanzt Polka. Körperlich bin ich extrem erschöpft und kraftlos, teilweise geht Flaschen aufdrehen nicht mal mehr.
Ich hoffe jetzt, das es die nächsten Tage wieder etwas aufwärts geht.
Psychologisch denke ich, das die 3. Chemo dann wohl die Schlimmste wird, weil bei der 4. dann die Egal-Stimmung einsetzt, weil man dann seine letzte hatte.
Ansonsten hat heute die AOK mitgeteilt, das Sie aktuell eine Software-Umstellung haben und erst in 3 Wochen zahlen können…man hat ja auch sonst keine Probleme!
maikom
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5. Oktober 2012
Heute ist der erste Tag nach der 2. Chemo, wo es mir wieder etwas besser geht. Ich hoffe der Aufwind setzt sich die nächsten Tage fort. Ich trotze dem Herbstwetter einige Spaziergänge an der frischen Luft ab. Leukos sind zwar bei 3,3 aber die restlichen Werte sind im GRÜN-Bereich.

10. Oktober 2012
Wie bereits im 1. Zyklus ist mein Leukozyten-Tief wieder kurz vor der nächsten Chemo, aber immerhin noch 2.75 als letzter Wert. Gestern abend gab es wie im ersten Zyklus auch wieder etwas Fieber und das Thermometer stieg auf 37,7 begleitet von einem nicht so tollen Schüttelfrost. Nun hoffe ich wieder, das sich alles bis Freitag wieder einpegelt.

11. Oktober 2012
Die Leukozyten sind wieder am steigen und die Blutabnahme von gestern ergab Leukozyten von 3,4 – sieht momentan gut aus mit der 3. Vergiftung am morgigen Freitag. Fühl mich trotzdem trotzdem stark grippig mit fiesen Hals- und Schluckschmerzen – Fieber gestern abend wieder 37,6 heute früh wieder 36,4. Knochen und Gliederschmerzen bei jeder Bewegung…Aacch Mensch – wenn das ganze Chemozeugs erst einmal vorbei wäre und man eine Grippe einfach nur als Grippe wahrnehmen kann – ohne Rücksicht auf Leukozyten, Blutwerte und Infektionsgefahr.

11. Oktober 2012
in wenigen Stunden steht die 3. und vorletzte Chemo an, man zweifelt zwischen Angst, vor dem Schlag den man wieder reinkriegt und der Gewissheit, dass die nächsten Tage wieder etwas schlimmer und anstrengender werden und der Hoffnung. Hoffnung ab morgen dann sagen zu können, NUR NOCH EINE! NUR NOCH EINE DANN IST SCHLUß!
Was überwiegt kann ich momentan nicht sagen, ein hin- und her. Ich hoffe die Nacht gut schlafen zu können und den Kopf morgen früh frei zu haben. Zum Glück beginnt die Chemo früh um 08.00 Uhr, da hat man zum Zweifeln nicht mehr viel Zeit.
Ich hoffe alle drücken alle verfügbaren Daumen, das wieder alles problemlos und verträglich rein läuft…

12. Oktober 2012
2. Zyklus Tag 1 in medizinischer Zählweise, 3. Chemo in menschlicher Zählweise, 75% in mathematischer Zählweise – nur noch ZWEI verdammte CHEMO aus der Zählweise eines Krebspatienten – NUR NOCH ZWEI.
Der Tag begann um 05.30 Uhr mit Wecker klingeln und um 06.00 Uhr langsam aus Bett bewegen. Waschen, Zähne putzen und anziehen bis 06:40 Uhr. Mist zu viel Zeit vertrödelt, Frühstück fällt aus wegen Zeitmangel. Auf leeren Magen Chemo hatten wir auch noch nicht, man muss ja alles mal probieren.

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07:00 Uhr Herbstwetter kalt und dunkel – warten auf den Taxidienst und Fahrt nach Potsdam zum Bergmann Klinikum. Ankunft 07:40 Uhr – Gute Zeit für die Fahrt nach Potsdam und ohne großen Berufsverkehr. Der Taxifahrer sagt, das heute die halbe Stadt gesperrt ist, wegen einer Bombenentschärfung Am Stern. Naja..Glück gehabt, das Klinikum liegt nicht im Evakurierungskreis.

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07:40 Uhr – Durch die Aufnahme schleusen, Papierkrieg und Zeitraub und wieder zig Forumlare unterschreiben. Das mache ich mittlerweile ohne zu lesen, sind eh immer die gleichen und steht eh immer das selbe drauf. Danach auf den Weg zum Labor – Blutwerte kontrollieren.

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08:00 Uhr Zentrallabor Bergmann Klinikum Potsdam: Bei der Blutwertkontrolle wird kurz in den Ring- oder Mittelfinger gepikst und ein wenig Blut zur Analyse eingesammelt. Mittlerweile ist Blut abnehmen Routine und man könnte es schon fast selber machen. Das Blut kommt dann in obige Maschine und die wirft dann die Bingozahlen für heute aus. Man weiß nie was einen erwartet….Heute war ein guter Tag HB-Wert bei 9.7 und Leukozyten bei 4.7 – gute Werte alle im Normbereich. Die Leukozyten haben noch einmal richtig Gas gegeben und sind von 3.4 auf 4.7 hochgestiegen. Bei der zweiten Chemo war mit viel Zittern ein 3.6 erreicht. Dazu muss man wissen, bei Leukozyten <; 3 wird die Chemo nicht gegeben. Meine Bingo zahlen passten...

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Der “Bingoschein” – sieht fast wirklich so aus oder ? Mit dem Bingoschein geht’s dann runter auf die Station K1 – Onkologische Tagesklinik. Dort anmelden, dass man nun da ist und den Bingoschein “eintauschen” gegen Chemo.
Man nimmt dann auf seinen “Liegestuhl” Platz und wartet das die Apotheke die Zytostatika bringt. In der Zwischenzeit läuft der Tropf gegen Übelkeit und Organschutz.

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09.30 Uhr: Zeit für die “harten Sachen”. Der Tropf wird mit den Zytostatika bestückt. Meine ABVD-Chemo setzt sich wie folgt zusammen:
Adriblastin 49 mg (der gut erkennbare rote Beutel)
braucht ca. 15 Minuten zum leer laufen
Bleomycin 20 mg (gibts als Spritze)
Vinblastin 12 mg (gibt’s als Spritze)
Dacarbacin 735 mg (der schwarze Beutel)
Der größte und mit 2 Stunden Durchlaufdauer der längste Beutel.
Er ist abgedunkelt weil er unter Lichtschutz reinlaufen muss.
Das Dacarbacin empfinde ich als am unangenehmsten. Nach ca. 30 Minuten strömt der “Chemoduft” aus jede deiner Poren. Diesen unangenehmen Duft kriegt man irgendwie erst 2 Tage nach der Chemo wieder aus der Nase. Irgendwie kommt es mir so vor, als wenn es einem auch aus den Augen rausdrückt.

11.00 Uhr: Nach 4 Toilettengängen – ja klar die Flüssigkeit die oben reinläuft, will unten wieder raus, gönne ich mir einen kleinen Zwischensnack mit Gurkensalat. Um 12.00 Uhr ist dann alles durch, der Port wird noch gespült und die Portnadel wird gezogen. Noch über all verabschieden. GESCHAFFT!!!!! In jeder Beziehung wofür das Wort stehen kann.

12:20 Uhr In der Cafeteria gönne ich mir meine Mittagspause. Die erste Nahrung heute. Rein damit….

13:00 Uhr Das Abholtaxi ist da und es geht wieder nach Hause, 500 m vor der Autobahnabfahrt Werder (Havel) Stau….Glück gehabt, noch schnell in die Ausfahrt gerutscht.

14:00 Zu Hause angekommen…..

18.00 Uhr….Ein paar Stunden gut geschlafen…durch den Schlaf aber erst 1 Liter Flüssigkeit getrunken, die 16.00 Uhr Dexamethason verschlafen und diese erst um 18.00 Uhr genommen. Die nächste dann nun um 22.00 Uhr statt 20.00 Uhr…wird ‘nen langer Abend.
maikom
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13. Oktober 2012
am 26.10.2012 die vierte und letzte Chemo – DIE LETZTE!!! DIE GOTT VERDAMMTE LETZTE! ICH HABE ES DANN GESCHAFFT….
Als Außenstehender mag man das vielleicht nicht verstehen, aber es ist schon etwas besonderes, wenn man weiß, das man dieses geschafft hat. Für jeden Nicht-Krebspatienten ist es ja schon schwer vorstellbar, was eine Chemo ist. Es ist zumindestens kein leichter Lebensabschnitt, wahrscheinlich psychisch noch schlimmer als physisch. Schon alleine die Auseinandersetzung das man Krebs hat, ist schon etwas woran man lange zu knabbern hat, wo man als Mann auch viele Tränen vergießt, gerade wenn 2 kleine Kinder hat. Bei der Chemo ist auch nicht das Schlimme, dass es dir einige Tage schlecht geht, aber du gehst alle 3 Tage zur Blutkontrolle, zitterst jedes Mal um deine Blut- und Vitalwerte und bist immer der Angst ausgesetzt, das diese so schlecht sind, das du nicht mehr raus darfst, weil die Infektionsgefahr zu groß ist und du mit Fieber oder eine Infektion wieder ins Krankenhaus musst.
am 12.11.2012 ist dann das abschließende PET-CT, wo sich dann herausstellt, ob sich die letzen 2 Monate Leiden gelohnt haben und was das Ergebnis der Chemo ist. Das wird noch mal so ein Angst-Tag, weil du zwischendrin natürlich keine Ahnung hast, was es dir gebracht hat….von keine Krebszellen mehr zu sehen, bis die Chemo hat überhaupt nicht angeschlagen, ist alles drin. Naja…das ganze ist ja noch gute 4 Wochen hin, noch keine Zeit dafür Nerven zu verschwenden. Jetzt erst einmal die Nachwirkungen der 3. Chemo aushalten und auf die 4. Chemo hochpuschen.

14. Oktober 2012
Bis auf Magenschmerzen und Kopfschmerzen alles noch im grünen Bereich. Die Nacht war kurz mit nur 4 Stunden schlafen, aber ich glaube das liegt an der Vielzahl der aktuell offenen Probleme und Baustellen und der aktuellen Ungewissheit vor der Zukunft.

19. Oktober 2012
Der Tag brachte viele Tiefen, irgendwie müde, leer und ausgelaugt…aber zu tief in Gedanken und zu aufgewühlt um zu schlafen. Der Magen tanzt Polka, der Kopf brummt, von innen ist mir heiß – alles schon bekannt aus den letzten Wochen, aber trotzdem anstrengend.
Zum frische Luft tanken, fehlte die Motivation…liegt wohl am Herbstwetter.
Morgen – neuer Tag, neues Glück! Hoffentlich!
maikom
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20. Oktober 2012
Eine Woche ist wieder rum…eine Woche in der ich viel nachgedacht habe, über das was war und das was wird. Der Blick auf den Kalender lässt die Tage bis zur letzten Chemo immer kürzer werden. Ich dachte das Gefühl des Erreichens eines Ziels würde mir mehr Motivation geben, aber zu viele Dinge sind in den letzten Tagen vorgefallen, die mich eher betrübt haben, als das sie mich motiviert haben. Ich versuche die nächsten Tage etwas mehr für mich da zu sein, Zeit zu finden, das zu verarbeiten, was passiert ist und für mich einen Weg für die Zukunft zu finden.
Die letzten Wochen waren kein Spaziergang, man hat es überstanden, aber irgendwie will man das ganze nicht noch einmal durchmachen.

23. Oktober 2012
Zum ersten Mal in der Chemotherapie ist der HB-Wert eingeknickt auf 7.9. Das erklärt wohl meine körperliche Schwäche und Kurzatmigkeit der letzten Tage. Die Leukozyten stehen bei 3.1. Heute schon den ganzen Tag starke Kreuz- und Rückenschmerzen. In den letzten Zyklen waren das immer die Tagen wo die Leukozyten wieder angeregt und neu gebildet wurden.

25. Oktober 2012
Wie vor jeder vorherigen Chemo – so auch diesmal. Ein Tag vor der Chemo geht’s mir schlecht und die Blutwerte sind im Keller. Die Leukos vom Mittwoch sind bei 2.2, der HB hat sich minimal auf 8,01 gekämpft. Dennoch wieder Fieber und Schüttelfrost und den ganzen Tag müde.
Nun geht wieder die Unsicherheit vor der Chemo los….raffen sich die Werte wieder zusammen, das morgen das letzte Gift in den Körper fließen kann oder muss nun gerade die letzte Chemo verschoben werden, was natürlich für die Psyche nicht so toll wäre.
Schauen wir und warten wir ab. Man kann es eh nicht beeinflussen.
Aus der Reihe Kinder kochen für den kranken Papa, gibt es heute das Bild des Tages. Die Kinder haben Rührei mit Gurkensalat gezaubert….LECKER! Das Highlight des heutigen Tages….

27. Oktober 2012
Die letzte Chemo ist drin….ja ohne HURRA-Schrei ohne HIPPIE SHALALALALAA…Ich dachte im Vorfeld das Überstehen der letzten Chemo würde mir wesentlich mehr an Motivation und Freude bringen…aber da kam bis jetzt noch nichts.
Die letzten Tage vor der Chemo fühlte ich mich schon schlecht…die Blutwerte waren auch nicht so toll, da zum ersten Mal auch der HB-Wert auf unter 8 einbrach. Ich quälte mich einen Tag aber trotzdem auf die Arbeit zu einer Kundenbesprechnung, wobei diese Ablenkung und der Zuspruch noch sehr gut tat. Dennoch war ich irgendwie in einem Tal gefangen.
Naja…gestern waren die Leukozyten wieder punktgenau auf 4.0 und die Ärzte entschieden die Chemo kommt rein, verschieben macht keinen Sinn. Aus irgendeinen Grund wählten Sie diesmal eine andere Reihenfolge DABV statt ABVD, was mir irgendwie gar nicht bekam und ich fühlte mich deutlich schwächer als bei den anderen Chemos. Die Ärzte meinten zwar, die Reihenfolge ist völlig egal, gefühlt war dies aber nicht so, und ich empfand die normale Reihenfolge verträglicher. Führt mich sonst mein erster Gang nach der Chemo direkt in die Cafeteria für einen Mittagssnack, war diesmal nicht dran zu denken und mir war deutlich übel. Zu Hause quälte ich mir dann ein trockenes Brötchen abends hinter, aber auch nur um den üblen Nachgeschmack der Dexamethason-Tabletten weg zu bekommen.
Heute früh ist die Übelkeit etwas weg und der Kopf dröhnt….
Ansonsten bin ich seelisch angeschlagen, da ich gestern die Halloween-Party vom Kindergarten verpasste und ich heute auch nicht zum Saisonabschluss von Amy’s F-Jugend des FC Deetz kann, wo zum Abschluss ein Flutlichtturnier mit 12 Mannschaften stattfindet.
Der Fahrplan sieht nun am 12.11. das PetCT vor und am 19.11. die Befundbesprechung. Das werden dann phsychisch sehr angespannte Tage…das WARTEN….die UNGEWISSHEIT.

31. Oktober 2012
Langsam ist eine leichte Tendenz der Besserung nach der letzten Chemo zu erkennen. So konnte ich heute mal wieder 30 Minuten an der frischen Luft spazieren, das tat gut. Für die GHSG (German Hodgkin Studien Gruppe) habe ich heute den Lebensqualitätsbogen nach der Chemo ausgefüllt und es ist schon erschreckend, wenn man die Situation vor der Chemo mit der nach der letzten Chemo vergleicht, wie deutlich schlechter es einem geht. Da klingt es teilweise schon sarkastisch, dass der Bogen “Lebensqualitäterfassung” heißt, denn die Lebensqualität hat sich im Moment subjektiv deutlich verschlechtert. Der Glaube das der Zustand wieder wie vorher wird, ist aber nach wie vor ungebrochen…GLAUBE VERSETZT BERGE!

01. November 2012
Tagesprogramm heute war:
- zum Arzt Blut abnehmen…Leukos vom Montag bei 3.7, andere Werte im Normbereich
- 30 Minuten spazieren bei Nieselregen
- ein paar eMails bearbeiten
- draußen einige Dinge frost- und wintersicher verstauen
Rest des Tages auf der Couch mit bösen Kopfschmerzen und Muskelschmerzen (Verspannungen) verbracht. Da ist das was aktuell Alltag ist und was der Körper gerade hergibt…nicht viel, aber ein wenig!

05. November 2012
Jetzt nach der letzten Chemo sacken die Blutwerte ein…zum ersten Mal sind die Leukozyten unter 2 gefallen. Der Doktor verordnet zu Hause drinne bleiben und wenn raus, dann nur kurz und zum Schutz vor Infektionen mit Mundschutz. Nun hoffe ich, das ich das ganze wieder normalisiert….eigentlich waren die Blutwerte zum “Chemofreitag” wieder im grünen Bereich.

08. November 2012
Viel zu berichten gibt es eigentlich nicht, jedenfalls nichts bewegendes Neues. Nach der letzten Chemo ist der erste Druck erst einmal raus und mittlerweile geht es mir auch wieder okay. Montag steht dann das PetCT an, das ist eigentlich nicht weiter dramatisch, ich denke aber spätestens ab Dienstag geht dann das Zittern los und das ewige Warten auf die Ergebnisse und Befunde. Das ist aber erst am 19.11.

11. November 2012
Morgen steht das PetCT an, im Vergleich zu dem was man die letzten Wochen durchgemacht hat, ist das ein Spaziergang. Nach 2 Monaten Chemo wird dann nun mal nachgeschaut, ob sich das ganze gelohnt hat und was die Tortur gebrach hat.
Daumen drücken nehme ich dankbar zur Kenntnis….

12. November 2012
Der Tag begann heute um 05.00 Uhr, nach dem ich die Nacht so gut wie nicht geschlafen haben. Um 06.00 Uhr dann mit dem Zug nach Potsdam, da meine Frau leider nicht frei bekommen hat. So traf ich dann um 07.00 Uhr im Bergmann Klinikum in Potsdam ein, wo sie sich in der Anmeldung unsicher waren, ob ich mich nun anmelden muss oder nicht. Naja…am Ende füllte ich wieder den Papierwusel aus und es ging dann ab auf die C1 zum PetCT.
Ein PetCT ist eine Kombination aus Positronen-Emissions-Tomographie (PET) in Kombination mit einer Computertomographie (CT) und stellt ein Verfahren in der bildgebenden Diagnostik von Tumorerkrankungen dar. Beim PetCT wird ein schwach radioaktiv markierter Zucker (Fluor-18 FDG) intravenös gespritzt, der sich dann eine Stunde im Körper verteilen muss. Dazu bekommt man noch, nicht sonderlich gut schmeckendes Kontrastmittel, mit dem man später das Verdauungssystem besser im CT abgrenzen kann. Der FDG-Zucker reichert sich dabei in Zellen mit erhöhtem Stoffwechsel an, wozu auch die Tumorzellen zählen und kann durch seine Radioaktivität dann vom CT Biograph gemessen werden. Der radioaktive FDG-Zucker zerfällt innerhalb von 4 Stunden und wird dann wieder über den Körper ausgeschieden.

Das CT an sich dauert ca. 20 bis 30 Minuten, wo man still mit den Armen über den Kopf liegen muss und mehrmals durch die Röhre gefahren wird. Ist man leicht klaustrophobisch, wie ich, empfiehlt sich einfach die ganze Zeit die Augen geschlossen zu halten und zu denken man liegt auf einer grünen Wiese.
Nach dem CT ging es dann noch zur Blutabgabe für die Studienzentrale und zwei voll gefüllte Röhrchen des Lebenssaft sind jetzt auf dem Weg nach Köln.
Nebenwirkungen wie schon bekannt:
- Kopfschmerzen / Schwindel
- Durchfall (vom Kontrastmittel)
Gegen Mittag waren dann alle Dinge abgeschlossen, die Auswertung ist dann Montag in einer Woche…
Wer hat und kann, alle Daumen drücken! Hab langsam die Nase voll von den ganzen Therapien, Untersuchungen und Krankenhäusern.

14. November 2012
Noch 5 Tage bis zum vermutlich wichtigsten Tag in diesem Jahr für mich. Warten…hoffen das die Zeit vergeht…innere Unruhe, Unsicherheit.
Die AOK sind Betrüger und zahlen im November statt 4 Wochen nur für 3 Wochen, weil ich den Auszahlschein vom Arzt 3 Tage zu früh abstempeln hab lassen, ist ja auch quatsch, ich habe ja als Kranker Zeit und kann ja ständig durch die Gegend fahren um Zettel ausfüllen zu lassen….naja und die Spontan-Heilungen bei Lymphomerkrankungen sind ja weltweit bekannt und die können ja nicht zahlen, wenn Sie nicht 100% wissen, dass ich noch krank bin. Tja…werd ich ja morgen wieder arbeiten können, man hat ja nur Krebs… (Achtung Ironie und Sarkasmus in Reinform!!!)
In der Summe diesen Monat nur netto 1.000 Euro gezahlt bekommen, statt 1.400 Euro. Die finanziellen Sorgen werden damit nicht unbedingt weniger…
Naja..nun soll ich Ende des Monats den Rest bekommen….naja..mal gucken wie das nächsten Monat wird, sonst kann ich mich zu Weihnachten noch bei der Tafel anstellen.
Also nichts neues, nur neue Probleme! Soll ja nicht langweilig werden…

16. November 2012
Blutwerte von gestern: Leukozyten von zuletzt 2.2 auf 8.5 so hoch waren sie während der gesamten Chemo nicht mehr und entspricht den Werten vor der Chemotherapie. Das ganze ohne Zusatzmedikamente…erstaunlich!
Der HB-Wert ist zwar noch etwas unter dem Soll aber im allem haben sich die Blutwerte nun nach 2,5 Wochen der letzten Chemo wieder dem Normalzustand angepasst. Nun geh ich am Montag in die Befundbesprechung wenigstens mit guten Blutwerten…

22. November 2012
Puuh….die Tage fliegen ja vorbei. Kann mal einer “Stop!” sagen? Montag war die lang ersehnte Befundauswertung, nachdem am Samstag der Vorbefund schon per Post kam, war die Luft raus, denn ich konnte ja schon vorher lesen, was los ist.
Gutes Ansprechen der Therapie, aber noch kleine Reste vorhanden. Laut Fahrplan der HD16 erfolgt nun die Bestrahlung. Tja, man nimmt halt jede Attraktion vom Jahrmarktsrummel mit, wenn es schon nichts kostet.
Nächste Woche Dienstag ist die Bestrahlungsvorbesprechung, kann man wieder was neues lernen, wo von man seinen Enkeln erzählen kann. Ja seinen Enkeln, vorher wird mich diese Welt nicht los.
Die Ärzte sind sich aber sicher, das zum Jahresende alles durchgestanden ist und dann Schluss ist mit den Behandlungen. Naja, da kommt mir ja entgegen, das die Tage momentan so vorbeifliegen. Also doch kein Stop. Weiter im Schnelldurchlauf.

30. November 2012
Die Voruntersuchungen zu den Bestrahlungen sind abgeschlossen. Man bekommt eine individuelle Maske angefertigt, welche den Kopf und den Oberkörper einschließt, mit der man später auf dem Bestrahlungstisch festgeschnallt wird, das man entsprechend nicht verrutscht. Dann geht man mit dem ganzen in ein Planungs-CT, wo die entsprechend zu bestrahlenden Stellen markiert werden.
Nächste Woche Dienstag ist dann eine Bestrahlungssimulation noch ohne Strahlen und ab Mittwoch gehts dann los, im radioaktiven Hochleistungssolarium. 10 Sitzungen á 2 Gray, macht eine Gesamtdosis von 20 Gray. Naja….der Trost ist, das ein klassischer Brustkrebs heute mit der dreifachen Dosis von 60 bis 65 Gray bestrahlt wird, da ist man noch gut bedient beim Hodgkin.
Wenn alles klappt und gut läuft, bin ich zu Weihnachten raus aus der Krankheitsnummer.
Dann geht alles auf ReLive und Leben Version 2.0.

5. Dezember 2012
Das Wetter draußen ist echt kalt geworden und meine geliebten Erholungsspaziergänge werden von Tag zu Tag immer kürzer. Bin kein Freund der Kälte und friere immer schnell und spätestens wenn die Fingerkuppen wegen der Kälte schmerzen, will ich lieber im Warmen sein.
Die Bestrahlung hat nun bekommen. Für alle die noch nie den Spaß hatten: Man wird auf eine Liege mit seiner Maske, welche den kompletten Kopf und Oberkörper umfasst, festgeschnallt und fixiert und fühlt sich dann wie Hannibal Lecter (=> Schweigen der Lämmer schauen). Man kann sich dann nicht mehr bewegen und wenn man wie ich etwas klaustrophobisch ist, sind das schon schlimme Minuten. Der Grund warum man so gründlich fixiert wird, ist das man nicht verrutscht oder wegzuckt und dann irgendwo anders bestrahlt wird.
Die Bestrahlung selbst dauert nur wenige Minuten und man spürt dort direkt nichts und es ist ähnlich wie beim Röntgen.
Nach der Bestrahlung werde ich aber immer furchtbar müde und muss mich zusammenreißen im Taxi nicht einzuschlafen. Alles andere ist aktuell noch nicht wirklich zuordnbar, weil man nicht weiß, was sind psychische Einbildungen, weil man weiß, das macht was im Körper und was sind tatsächliche Nebenwirkungen.
Naja…sind ja nicht mehr viele, habe ja nur insgesamt 10 Termine, Brustkrebsler haben 40 bis 50 Sitzungen.

10. Dezember 2012
Fast das Bergfest der Bestrahlungen erreicht und naja….Bestrahlungen sind doof. Müde, schlapp und appetitlos, Kopfweh, Muskel- und Knochenschmerzen…naja..und alles was ich vergessen habe aufzuzählen. Der Vorteil der Chemo war, das du wusstest, jetzt hast du 2 Wochen Ruhe vor dem nächsten Schuss…Bei der Bestrahlungen geht es ja täglich zur Sache. Naja…hilft wohl nur rückwärts zu zählen und die Zielfahne zu sehen….

13. Dezember 2012
Das Bestrahlungsgerät ist kaputt – also ungeplante Pause, dafür am Wochenende Bestrahlung.

16. Dezember 2012
Noch zwei mal Bestrahlung – Land in Sicht, das offizielle Ende der HD 16 Behandlung des Morbus Hodgkin. 2 Monate Chemo nach ABVD und 10 Tage Bestrahlung mit 20 Gy liegen dann hinter mir. Mit dem Vordiagnose-Marathon dann 4 Monate mit Höhen und vielen Tiefen.
Land in Sicht…

26. Dezember 2012
Ein Ziel auf das ich seit der Diagnose “Krebs” hingearbeitet habe. Weihnachten zu Hause mit der Familie feiern. Die Ärzte sagten zwar immer, die Prognosen sind sehr gut, das man noch sehr alt werden kann, aber die Ungewissheit war immer da. So hatte ich alles so terminiert, das die letzte Bestrahlung 6 Tage vor Weihnachten war und ich Weihnachten zu Hause bei meiner Familie war.
Der Kampf und die Strapazen waren es wert, das Glänzen in den Augen, wenn man sieht wie erwartungsvoll die Kinder die Pakete auspacken und die Freude, die sie in diesem Moment packt – einfach unbezahlbar. Für solche Momente hat man Kinder und dafür lohnt es sich jeden Tag zu kämpfen.

28. Dezember 2012
War man vorher immer in Behandlungen wie der Chemotherapie oder den Bestrahlungen, so ist im Moment erst einmal nichts seitens den Ärzten. Am 03. Januar soll eine vorläufige Abschlussuntersuchung stattfinden.
Zwischen den Behandlungen hielt man es für “normal” wenn man sich schlecht fühlte, man war ja schließlich in einer harten Chemotherapie oder bei den Bestrahlungen. Nun nach einer Woche erlangt man so langsam ein Gefühl, was die Behandlung zurücklässt und was im Körper aktuell alles noch durcheinander ist.
Es ist Jammern auf hohem Niveau, da man viele Dinge normal machen und leben kann. Aber die Knochenschmerzen und Muskelkrämpfe nerven ganz schön, und bringen schnell ein Gefühl der Erschöpfung. Auch stehe ich frühs auf, wie andere abends müde ins Bett fallen, als wenn der Körper in der Nacht Marathon gelaufen ist.
Solange glaube ich, weiß ich, warum viele Ärzte nach den Behandlungen eine REHA empfehlen….Mal schauen, was der Körper selber reguliert bekommt.
maikom
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Re: und plötzlich war er da...

Beitrag von maikom »

1. März 2013
Der letzte Eintrag ist ein paar Wochen her, es gab aber nichts Nennenswertes zu berichten. Für alle Interessierten die Schnellzusammenfassung:
AHB in Buckow
REHA ist nichts für mich, ich brauche mein gewohntes Umfeld und meine Familie um mich rum. Die Distanz war einfach zu groß oder meine Psyche zu sehr kaputt. Ich wollte mich drauf einlassen, auch weil von allen Seiten kam, man sollte es machen. Vielleicht war es der falsche Ort und die falsche Zeit. Der Ort Buckow ist gelinde gesagt, auf den ersten Blick ein Ort, der aussieht, als hätte man noch nicht Bescheid gesagt, das es die DDR nicht mehr gibt. Ich will dort keinen zu nahe treten, aber das war mein erster Eindruck, wenn man an einem grauen Wintertag in Buckow ankommt. Das Zentrum mit vielen alten teilweise zerfallen Häusern, Kopfsteinpflaster, kaputte Gehwege, dazu graues kaltes Winterwinter, was den Eindruck noch verstärkte. Die Klinik war gefüllt mit Patienten im Alter 60+, die alle ihre Ehepartner als Begleitung dabei hatten und an so einem jungen IT Nerd nicht interessiert waren. Zum Kaffee gab es Akkordeon-Musik und gegessen wurde in einem Gemeinschaftssaal, das ist nicht sehr angenehm, wenn du vielen Leuten ihren Krebs und ihre Schwäche ansieht. Ich krieg da kein Bissen runter…also AHB aus psychischen gründen abgebrochen.
Rückkehr ins Arbeitsleben
Ein Großteil der Abschlussuntersuchungen findet erst nächste Woche statt, teilweise konnte man diese vorher nicht machen, da die Bestrahlung die Ergebnisse überlagert hätte. Einen definitiven Therapie-Erfolg oder Misserfolg gibt es also erst nächste Woche zu vermelden, wenn alle Untersuchungen abgeschlossen sind, dann sind 3 Monate nach der letzten Bestrahlung vergangen und wenn noch “Restkrebs” irgendwo schlummert, wäre der in den vergangenen Wochen wieder erneut gewachsen. Nach Rücksprache mit den Onkologen sagte man mir, man steigt so frühestens nach 2 bis 3 Monaten stundenweise mit dem Arbeiten wieder ein, ich wollte aber wieder ein normales Leben, weg mit den Gedanken von Krebs und Krankheit aus den Kopf. Also stürzte ich mich in das was ich gut kann – Arbeit. Die letzten Wochen waren nicht angenehm, körperlich gesehen. Vom Geist her war ich allen Aufgaben gewachsen, körperlich merkte man, das man einen Preis für die Behandlung bezahlen musste. Neuropathien in den Fingern und Füßen sind da noch das harmloseste. Ich fühlte mich deutlich kälteempfindlicher gerade bei den Minustemperaturen im Winter. Die körperliche Schwäche kam noch dazu und spätestens nach 4 bis 5 Stunden Arbeit kam noch die Müdigkeit dazu. Das war es mir innerlich aber wert, ein normaler Tagesablauf, eine Aufgabe, ein Gebrauchtwerden. Dinge die man in den letzten Monaten seit September nicht mehr hatte.
Je näher der Tag kommt, wo man wieder vor die Ärzte tritt um so mehr leidet wieder die Psyche, weil man wieder bewusst gemacht bekommt, das man eben NOCH kein gesunder Mensch ist, das man sich wieder über Krebs unterhalten muss, das man wieder im Wartesaal zwischen den vielen Krebspatienten sitzt.
Seit Ende letzter Woche nagt nun noch eine Erkältung in mir…war ja klar, den ganzen Winter ohne Erkältung und auf den letzten Wintertagen, fange ich mir wieder eine ein. Wäre alles nicht so dramatisch, wenn bei einer Erkältung bei jedem Menschen die Lymphknoten anschwellen, weil die gegen der Erkältung arbeiten und man dann nur bei mir nicht weiß, sind die jetzt wegen der Erkältung angeschwollen oder wegen dem Krebs. Ich will aber den Termin nicht verschieben lassen, weil man dann noch länger im Unklaren ist. Mal schauen, morgen oder Mittwoch muss ich mich dort melden und über meinen Allgemeinzustand berichten. Ich hoffe der Termin am Montag bleibt bestehen. Ansonsten habe ich über all ein dummes Jucken am Körper, ich denke es ist aber psychisch, viele Hodgkinler berichten vor ihrer ersten NU davon, es ist auch kein wirkliches Jucken, eher ein Kribbeln über all – aber es nervt momentan, aber vielleicht will die Psyche ja das bewirken.
maikom
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Re: und plötzlich war er da...

Beitrag von maikom »

19. Dezember 2013
1 Jahr ist es jetzt her, wo mit der Bestrahlung die Therapie endete. Nun sitze ich wieder hier im Klinikum, zweite Nachuntersuchung, die letzte war vor 6 Monaten. Also Daumen drücken, das alles okay ist und man weiter sein Leben leben kann…

2. Januar 2014
1 Jahr in Remission....MRT und Sono unauffällig, Knoten weiter kleiner geworden, alles wunderbar und nächste Nachuntersuchung erst im Sommer.
Lieber Gott danke! Das erste Jahr ist überstanden, schöner kann das Jahr nicht beginnen…mein persönliches Neujahr!
maikom
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Re: und plötzlich war er da...

Beitrag von maikom »

11. Juni
Unspektakuläre Nachuntersuchung mit Sono vom Hals und Bauch...alles gut und wieder eine neue Onkologie die in der Tagesklinik...
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